Rettet die Bienen! – Und euch selbst?

Rettet die Bienen! – Und euch selbst?

4. Februar 2019 0 Von Boris Biba

Noch bis zum 13.02.19 kann man sich für das Volksbegehren Artenvielfalt in den jeweiligen Rathäusern eintragen. Einfach hin, mit dem Ausweis ins Bürgerbüro, unterschreiben, fertig.

Aber gegen das Volksbegehren gibt es Widerstand. In diesem Artikel sollen die jeweiligen Argumente, das “Für und Wider” vorgestellt werden. Aber zuerst muss erklärt werden, was überhaupt ein Volksbegehren ist und wie es funktioniert.

Volksbegehren

Ein Volksbegehren in Deutschland ist ein Mittel der sogenannten “direkten Demokratie”. Also eine Stimmensammlung für ein bestimmtes Thema oder einen Gesetzesentwurf, an der jeder wahlberechtigte Bürger teilnehmen darf. Wer sich erinnert, das “Nichtrauchergesetz” war auch ein Volksbegehren. Im Falle des Volksbegehren Artenvielfalt geht es um einen Gesetzesentwurf bzw. eine Gesetzesänderung/ergänzung. In Deutschland gehen Volksbegehren bis auf eine Ausnahme nur auf Landesebene. “Rettet die Bienen” gilt also nur für Bayern. Damit ein Volksbegehren erfolgreich ist muss es innerhalb einer bestimmten Frist eine Mindestanzahl (10 % der Wahlberechtigten in Bayern, also ca. 1 Million Leute) von Unterschriften erhalten.

Wenn nun fast 1 Million Menschen in Bayern das Volksbegehren unterschreiben, heißt das aber noch nicht, dass das Gesetz automatisch so übernommen wird. Es muss dann zunächst im Landtag, also dem bayrischen Parlament, geprüft werden. Er kann entscheiden, ob er dem Gesetz zustimmt oder es ablehnt. Stimmt er zu, wird der Gesetzestext so übernommen wie es das Volksbegehren vorsieht. Lehnt er ab, besteht die Möglichkeit zum Volksentscheid.

Volksentscheid

Ein Volksentscheid ist anders als ein Volksbegehren eine direkte Abstimmung, über den eingebrachten Gesetzesentwurf. Das kann entweder eine einfache ja/nein-Entscheidung sein oder, falls der Landtag einen Kompromiss anbietet, eine entweder/oder-Entscheidung. Damit der Volksentscheid erfolgreich ist, benötigt er logischerweise über 50 % der Stimmen der Abstimmenden. Wenn bei einem Volksentscheid über eine Verfassungsänderung abgestimmt wird, müssen außerdem mindestens 25 % aller Stimmberechtigten für die Änderung stimmen. Das ist aber bei der Gesetzesvorlage von “Rettet die Bienen” nicht der Fall. Stimmen also beim Volksentscheid mehr als 50 % der Abstimmenden für den Gesetzesentwurf von “Artenvielfalt jetzt”, dann muss der Landtag das Gesetz beschließen, auch wenn er es vorher abgelehnt hat.

Warum erkläre ich hier den Volksentscheid? Ganz einfach. Wenn das Volksbegehren Artenvielfalt erfolgreich ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Landtag es ablehnt. CSU und Freie Wähler (als Mehrheitskoalition im Landtag) haben schon entsprechende Andeutungen gemacht.

Für und Wider:

Zwar haben CSU und Freie Wähler, angekündigt, das Volksbegehren abzulehnen, allerdings nicht weil sie generell gegen Artenschutz seien, sondern weil man stattdessen einen “größeren Wurf” plane. Ob man das den beiden Parteien zutrauen will oder nicht. Es ist auch so, dass gerade die CSU viele Wähler unter den Landwirten hat. Und diese haben das Volksbegehren in einigen Punkten kritisiert.

  • Biotopverbund: Im Volksbegehren steht, dass bis 2027 mindestens 13 % der Offenland-Landesfläche als verbundene Biotope geschaffen werden sollen.

Ein Biotop stellt einen mehr oder weniger ungestörten Lebensraum für verschiedene Tiere zur Verfügung. Das Volksbegehren fordert, die einzelnen Biotope, die z.B. durch leere Ackerflächen, Straßen und Siedlungen voneinander getrennt sind, wieder zu verbinden. Das soll helfen Inzucht und damit Krankheiten und dem Artensterben vorzubeugen.

Landwirte hingegen fürchten, dass diese Forderung dazu führt, dass einzelne Bauern, die z.B. viel Ackerfläche in biotopnahen Gegenden haben, benachteiligt werden. Sie halten die Forderung für nicht umsetzbar und gleichzeitig haben sie Sorge, dass sie gezwungen werden, Wirtschaftsflächen abzugeben.

  • Blühwiesen: Durch das Gesetz im Volksbegehren soll ab 2020 auf 10% der Grünlandflächen in Bayern erst ab dem 15.Juni gemäht werden dürfen.

Blühwiesen sind eine große Nahrungsquelle für Insekten, da die verschiedenen Insekten zu verschiedenen Zeiten auf wiederrum verschiedene Blumenarten angewiesen sind. Werden die Wiesen zu früh gemäht müssen viele Insekten hungern, was die Sterberate erhöht.

Manche Landwirte fürchten, dass die Blumenvielfalt auf zu spät gemähten Wiesen zu Biotopen führen, die letztlich gar nicht mehr bewirtschaftet werden dürfen. Andere führen an, dass sich das Gras, wenn es erst so spät im Jahr gemäht wird, nicht mehr so gut als Futtermittel eignet, da wichtige Nährstoffe durch die längere Sonneneinstrahlung verschwinden.

  • Öko und Bio: Das Volksbegehren fordert bis 2025 mindestens 20 % der Agrarflächen ökologisch zu bewirtschaften. Bis 2030 sollen es 30 % werden.

Dadurch sollen vorallem die Monokulturen, die mitverantwortlich für das Artensterben sind, wieder reduziert werden. Das Volksbegehren führt auch an, dass eine ökologischere Nutzung der Flächen den Landwirten zugute kommen soll. Da diese für Bioprodukte bessere Preise erhalten könnten.

Die Gegner des Volksbegehren kritisieren an diesem Punkt, dass der Markt in manchen Bereichen gar keine weiteren Bioprodukte ohne einen Preisverfall verkraftet. Beispielsweise würden manche Molkereien keine Biobetriebe mehr annehmen, damit der Preis von Bio-Milch nicht sinke.

  • Weitere Kritik geht nicht direkt an den Inhalt des Volksbegehren, sondern gegen die vermeintliche Haltung der Befürworter

Da sich die meisten Änderungen im Gesetzesvorschlag an die Landwirtschaft richten, fühlen sich die Bauern als Sündenbock hingestellt. Das Artensterben hat viele Ursachen, doch hier werde es so dargestellt als würde die Landwirtschaft allein die Verantwortung dafür tragen.

Außerdem haben die Landwirte die Sorge, dass durch ein entsprechendes Gesetz noch mehr Bürokratie und Kontrollen geschaffen werden.

Fazit:

Leider hat die Diskussion um das Volksbegehren bereits eine “Wir gegen Die”-Mentalität erreicht. Das Volksbegehren wird von den Bauern, allen voran dem bayerischen Bauernverband (einem Verband mit großem Einfluss auf die Politik), als Angriff auf ihre Kompetenz, Unabhängigkeit und als Existenzbedrohung angesehen. Während die Befürworter vermeintlich den Landwirten die Schuld am Artensterben geben. Aber ist das wirklich so?

Viele Landwirte tun wirklich etwas für den Erhalt unserer Natur und bemühen sich (ob sie nun ein Öko-Zertifikat haben oder nicht) um ein nachhaltiges Wirtschaften. Die schwarzen Schafe, die das Grundwasser gefährden, zu viele Pestizide ausbringen, Gülle auf Schnee schmeißen und Raubbau auf ihren Feldern betreiben, lassen wir mal außen vor. Ich behaupte mal ganz frech, dass vielen Befürwortern des Volksbegehren das klar ist. Kaum ein anderer Beruf in Bayern hat einen so bodenständigen und naturnahen Ruf wie der des Landwirts. Aber: Es ist leider auch so, dass ein Grund für das Artensterben in der Landwirtschaft liegt. Das ist nicht die Schuld der Landwirte. Es liegt an einer Verkettung mehrerer Umstände, die einerseits durch die Politik, andererseits durch mangelndes Umweltbewusstsein herrühren.

Das Volksbegehren spiegelt in dieser Hinsicht ein gewachsenes Bewusstsein wieder, dass eine nachhaltigere Lebens- und Wirtschaftsweise dringend angeraten ist. Zwar nicht nur, aber auch in der Landwirtschaft.

Meine Meinung:

Wer das Volksbegehren unterschreibt gefährdet die Landwirte nicht.

  1. Wird das erfolgreiche Volksbegehren höchstwahrscheinlich nicht durch den Landtag angenommen.
  2. Kann der Landtag im darauf folgenden Volksentscheid eine Alternative anbieten über die alle abstimmen können.
  3. “Wie” die Ziele in der Gesetzesvorlage bzw. im Gesetz dann erreicht werden ist offen und so bleibt Spielraum für rücksichtsvolle Regelungen.

Aber wer es nicht unterschreibt, gefährdet die Möglichkeit etwas gegen das Artensterben zu unternehmen. Und endlich etwas in Gang zu setzen, denn das Artensterben ist kein neues Phänomen. Viele Punkte im Gesetzesvorschlag wurden auch von den Landwirten nicht kritisiert. Gerade was Landflächen in Staatsbesitz betrifft, dürfte es keine großen Meinungsverschiedenheiten geben.

Übrigens: Auch Gesetze lassen sich nachbessern und nichts (außer vielleicht Profitgier und Egoismus) spricht dagegen dies im Interesse aller auch zu machen.

Zum selber informieren: Volksbegehren, Bayerischerbauernverband, Müncher Merkur, BR, www.google.de