Über den Tod
Der Tod gehört zum Leben – so heißt es. Und doch ist er sehr schwer zu begreifen. Letztlich gehört er doch nicht so richtig dazu – er beendet es. So wie die Zielline irgendwie zu einem Rennen gehört – und doch dessen Ende markiert.
Über den Tod gibt es viele Theorien und Mythen. Religionen greifen ihn auf, die Wissenschaft versucht ihn zu erklären. Selbst in unserer recht fortschrittlichen Zeit ist sein Rätsel nicht ganz gelöst. Manch ein kluger Mensch mag jetzt sagen “doch – der Tod ist einfach das Ende des Lebens, danach kommt nichts mehr”, andere werden meinen “der Tod ist ein Übergang… wohin auch immer”. Aber selbst wenn wir uns in einer dieser Haltungen sicher sein könnten – damit wäre sein Rätsel nicht gelöst. Das eigentliche Rätsel ist:
Was bleibt nach dem Tod?
Ein geliebter Mensch stirbt. Was bleibt? Trauer? Leere? Einsamkeit?
Vielleicht. Diese Gefühle gehören zum Abschied dazu, für all die, die zurück bleiben. Aber wodurch entstehen sie?
Wir trauern nur um Dinge, die wir geliebt haben. Wir spüren nur eine Leere, dort wo zuvor etwas einen Platz eingenommen hat und nur Einsamkeit dort, wo wir Geborgenheit erfahren durften.
Warum ist das so? Weil wir uns erinnern können. Wir können uns an die gemeinsam verbrachte Zeit erinnern. An schöne Stunden, an schwere Tage – die man trotzdem überstanden hat. Unsere Erinnerungen machen uns aus – und das woran wir uns von unseren Verstorbenen erinnern ist gleichzeitig ein Teil von uns und von ihnen. Es beeinflusst unser Denken und unser Handeln. Je näher uns ein Mensch stand, desto größer ist dieser Einfluss. Selbst, wenn die Erinnerungen verblassen – dieser Mensch hat uns und diese Welt für immer verändert. Durch sein Denken und Handeln, durch alle Menschen, die ihn kannten und – ob nun bewusst oder unbewusst – einen Teil von ihm in sich aufgenommen haben.
Was bleibt also nach dem Tod? – Eine ganze Welt: in der viel von denen steckt, die sie bereits verlassen haben.
Dieser Text ist allen gewidmet, die ein geliebtes Wesen verloren haben.