Eine Geschichte über Ameisen
Mal ein ganz anderes Thema: Ameisen!
Vor kurzem habe ich mein Interesse an Ameisen wiederentdeckt und dazu auf Youtube bereits einige Videos hochgeladen. Nicht weit von meinem Zuhause gibt es einen Weg. Dort leben mehrere Ameisenkolonien. In diesem Beitrag möchte ich meine Entdeckungen ein wenig ordnen. Es lohnt sich immer auch die Beschreibungen der Videos auf Youtube zu lesen.
Die Völker
Myrmica rubra oder die Rote Gartenameise
Die Rote Gartenameise ist eine der häufigsten in Europa vorkommenden Arten. Spannend finde ich, dass sie über einen Giftstachel verfügen (also keine Ameisensäure besitzen). Auch interessant ist, dass in einer Kolonie mehrere Königinnen leben können und eine Kolonie auch mehrere Nester anlegen kann. Sie bewegen sich meinen Beobachtungen zufolge etwas langsamer als die Kontrahentinnen. Bilden im Beobachtungsgebiet aber sehr strukturierte und geordnete Straßen, die zahlenmäßig stark “befahren” werden.
Hier zwei Videos:
Übersicht:
Königinnen: Von durchschnittlich 15 bis maximal 600
Volksgröße: Von durchschnittlich 1000 bis maximal 20.000
Nahrung: Allesfresser
Größe: Arbeiterinnen 4 – 6 mm; Königinnen 5 – 7,5 mm
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Gartenameise
Formica fusca oder die Grauschwarze Sklavenameise
Die Grauschwarze Sklavenameise hat einen etwas verwirrenden Namen, denn sie nimmt andere Ameisen nicht als Sklaven, sondern wird selbst oft Opfer von Sklavenhalter- und Raubameisen. Obwohl sie selbst eigentlich relativ aggressiv ist. Sie gehört zu den Waldameisen, ist aber so anpassungsfähig, dass man sie fast überall antrifft – vom Wald bis hin zu den Ritzen zwischen Pflastersteinen. Auch sie sind eine häufig vorkommende Art in Europa. Anders als Myrmica rubra haben sie keinen Stachel, sondern können Säure in ihrem Hinterleib produzieren, die sie zur Verteidigung nutzen. Auch sie haben mehrere Königinnen in einer Kolonie und gründen mehrere zusammenhängende Nester. Sie bewegen sich sehr schnell und verteilen sich eher in einem großen Gebiet. Das wirkt etwas unorganisiert, scheint aber nicht weniger effektiv zu sein, wie die geordneten Straßen der Roten.
Übersicht:
Königinnen: Mehrere (habe leider keine genauen Angaben gefunden)
Volksgröße: Bis zu einigen Tausend (habe leider keine genauen Angaben gefunden)
Nahrung: Allesfresser
Größe: Arbeiterinnen 4,5 – 7,5 mm; Königinnen bis zu 11 mm
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Grauschwarze_Sklavenameise und Buch “Die Ameisen Europas” von Claude Lebas, Christophe Galkowski, Rumsaìs Blatrix, Philippe Wegnez.
Lasius niger oder die Schwarze Wegameise
Die Schwarze Wegameise ist kleiner als die anderen Arten die auf meinem Ameisenweg vorkommen. Auch zahlenmäßig sind sie unterlegen. Es gibt nur ein Nest das sich in größerem Abstand zu den anderen Arten befindet. Normalerweise wird eine Kolonie der Schwarzen Wegameise nur von einer Königin “regiert”. Das ist natürlich ein Nachteil gegenüber der anderen Arten die hier vorkommen. Stirbt diese eine Königin, stirbt die ganze Kolonie. Lasius niger haben ebenfalls Säure und keinen Stachel. Sie gelten als relativ aggressiv und verteidigen ihren Bau vehement. Aufgrund ihrer eher geringen Größe sind sie nicht so schnell wie die Grauschwarze Sklavenameise, aber mir schien es als würden sie sich trotzdem schneller als die Roten Gartenameisen bewegen. Sie bilden auch sehr ordentliche Ameisenstraßen.
Übersicht:
Königinnen: Bei Koloniegründung manchmal mehrere, später setzt sich eine Königin durch und eliminiert die schwächeren.
Volksgröße: Bis zu einigen Tausend (habe leider keine genauen Angaben gefunden)
Nahrung: Allesfresser
Größe: Arbeiterinnen 3 – 5 mm; Königinnen bis zu 8 – 9 mm
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Wegameise und Buch “Die Ameisen Europas” von Claude Lebas, Christophe Galkowski, Rumsaìs Blatrix, Philippe Wegnez.
Formica rufa oder die Rote Waldameise
In meinem Beobachtungsgebiet habe ich nahe des Nests der Schwarzen Wegameise auch ein paar Exemplare der Roten Waldameise entdeckt. Ob sie sich hier ansiedeln oder nur auf Erkundung waren ist schwer zu sagen, da sie ein großes Gebiet rund um ihren Bau “abkrabbeln”. Wie der Name schon sagt, lebt diese Art eigentlich im Wald. Sie bilden große Erdhügelnester und nutzen zur Verteidigung ebenfalls Säure. Sollten sie sich an meinem Ameisenweg erfolgreich ansiedeln dürften sie die anderen Arten dominieren. Sie sind größer als Formica fusca und schneller als Myrmica rubra. Die kleine Kolonie der Lasius niger dürfte ohnehin keine Bedrohung für die zahlenmäßig starken Waldameisen sein. Auch sie beherbergen in einer Kolonie mehrere Königinnen und bilden miteinander verbundene Nester. Besonders groß dürfte die Bedrohung für die Grauschwarze Sklavenameise sein. Denn die Königinnen der Roten Waldameise infiltrieren deren Nester, töten die Königinnen und übernehmen so die gesamte Kolonie.
Übersicht:
Königinnen: Häufig Mehrere, manchmal auch nur eine Einzelne
Volksgröße: Bis zu 100.000 und mehr
Nahrung: Allesfresser
Größe: Arbeiterinnen 4,5 – 9 mm; Königinnen bis zu 9 – 11 mm
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_Waldameise und Buch “Die Ameisen Europas” von Claude Lebas, Christophe Galkowski, Rumsaìs Blatrix, Philippe Wegnez.
Der Krieg
Die Ameisen führen untereinander Krieg an dem sich die verschiedenen Arten mehr oder weniger heftig beteiligen. Wie oben beschrieben lebt die Lasius niger-Kolonie etwas Abseits und kam dadurch noch nicht in den Konflikt mit anderen Arten. Es gab zwar bereits Begegnungen mit Formica rufa (die Rote Waldameise) doch beide Arten schienen sich gegenseitig nicht als Bedrohung zu sehen. Jedenfalls habe ich beobachtet, dass sich zwei Exemplare in aller Ruhe befühlt haben, ohne dass eine Ameise feindselig geworden wäre (leider konnte ich das nicht filmen).
Der Konflikt wird derzeit hauptsächlich zwischen den Roten Gartenameisen und den Grauschwarzen Sklavenameisen ausgetragen. Dabei ist interessant, dass die Grauschwarzen, die Roten mit ihren Nestern quasi eingekreist haben. Der Weg führt von Norden nach Süden und mündet in einer Sackgasse. Es gibt sowohl im Norden als auch im Süden der Roten große Nester der Grauschwarzen.
Bei den erbitterten Kämpfen wenden die verschiedenen Arten unterschiedliche Taktiken an. Während die Roten Gartenameisen meist mit kleinen organisierten Gruppen gegen die Grauschwarzen Sklavenameisen vorgehen. Sammeln sich die Grauschwarzen in großen Pulks und nutzen ihre überlegene Geschwindigkeit, um einzelne Gegner zu schnappen und in die eigenen Reihen zu zerren. Während einzelne Grauschwarze Sklavenameisen Kämpfen eher ausweichen, zeigen sich einzelne Rote Gartenameisen bei Begegnungen eher angriffslustig (was nicht immer zu ihrem Vorteil ist).
Da sich alle Arten ähnlich ernähren scheint ein Konflikt unausweichlich – sofern alle Arten zusätzlich neue Gebiete erschließen wollen.
Der Beobachtungsort:
Es gibt also zwei große Fronten an denen die Rote Gartenameise auf die Grauschwarze Sklavenameise trifft. Die Nord- und die Südfront. Die meisten Nester liegen an oder auf der Böschung mit den Bäumen. Wobei die Rote Gartenameise auch in der Mitte des Weges und sogar auf der Wiesenseite Nester angelegt hat. Hinter der Böschung befindet sich eine vielbefahrene Bundesstraße (wie man auf den Videos leider auch hören kann).
Mehr Infos und aktuelle Entwicklungen zu den Kämpfen zwischen den Ameisen findet ihr in den Videobeschreibungen auf Youtube 🙂
Philosophische Aspekte der Ameisenbeobachtung
Natürlich ist es immer spannend die Natur zu beobachten, aber man kann auch ein paar philosophische Gedanken dazu verlieren.
Ameisen sind so kleine unscheinbare Wesen. Es ist viel spannender Löwen, Elefanten oder Gorillas zu beobachten. Es ist viel interessanter sich mit anderen Menschen zu unterhalten. Denkste.
Gerade weil Ameisen so unwichtig erscheinen (sind sie wie alle Insekten natürlich nicht) lassen sie interessante philosophische Überlegungen zu.
1. Wichtigkeit liegt im Auge des Betrachters
Darüber ob sich die Ameisen nun selbst als Wichtig empfinden oder nicht kann man nur spekulieren. Sind sie mir wichtig? In gewisser Weise ja. Als interessates Beobachtungsobjekt und als Lebewesen im Allgemeinen. Interessiert es die Ameisen ob sie mir wichtig sind? Wohl eher nicht. Wenn sie mich wahrnehmen, dann bin ich wohl eher eine Störung und Bedrohung. Sie leben ihr Leben – egal ob ich sie beobachte und egal ob sie mir wichtig sind.
Man könnte von ihnen lernen. Wie wichtig ist es mir, dass andere mich für wichtig halten? Und will ich davon meine eigenen Handlungen beeinflussen lassen?
2. Wir sind alle winzig und unwichtig – die einen nicht mehr als die anderen
Sind Ameisen nun unwichtiger als Menschen? Sind Menschen unwichtiger als Ameisen oder in der anderen Richtung – als Aliens oder andere Menschen?
Betrachtet man die gewaltigen Ausmaße des Universums kann die Frage nur mit “Nein” beantwortet werden. Natürlich bist du dir selbst (und hoffentlich deinen Verwandten und Freunden) wichtig. Den Ameisen ist ihr Nest auch wichtig (sie verteidigen es ja). Aber objektiv gesehen interessiert es das Universum (und die meisten darin enthaltenen Lebensformen) nicht ob du existierst oder nicht. Und dass du ein bisschen (im Verhältnis zum Universum) wirklich nur minimal größer und klüger bist als eine Ameise ist völlig irrelevant.
Leben hat keinen Zweck oder ein Ziel. Ja, einzelne Lebensformen können Ziele haben. Aber Leben im Allgemeinen existiert einfach, es ist einfach da. Es muss nichts leisten und es muss sich nicht in den Augen von irgendwem oder irgendetwas als “würdig” erweisen. Leben das existiert hat ein Recht auf Existenz allein durch seine Existenz. Und dieses Recht ist eher mehr ein Zufall als etwas, das irgendjemand oder irgendetwas beanspruchen könnte.
D.h. Unser Leben ist nicht mehr (oder weniger) wert als das einer Ameise. Wir sollten (also wir als Menschheit) deshalb vielleicht etwas mehr Demut gegenüber anderen Lebensformen zeigen. Und wir können nur hoffen, dass ein Wesen, das im Verhältnis zu uns steht, wie wir zu den Ameisen (also so etwas wie ein Gott oder eine überlegene Alienrasse) weise genug ist, dass es diese Erkenntis bereits erlangt hat.
Umgekehrt kann man natürlich sagen – alles Leben ist (objektv betrachtet) gleich wichtig… dann klingt das Ganze nicht so negativ 😉